Zwischen Rabenflug und Wolkenmeer
Der Morgen begann mit einem Hauch von Meeresluft und dem sanften Wispern der Wellen an der Costa Calma. Im Walkers Mobil rollten wir hinaus in den jungen Tag, während das goldene Licht der Sonne über die Hügel glitt und den Himmel in Pastelltöne tauchte. Unser Ziel lag unscheinbar und doch verheißungsvoll: eine kleine Siedlung, verborgen nahe der ehrwürdigen Shell-Tankstelle, deren verblasstes Gelb und Rot wie ein Gruß aus einer anderen Zeit wirkte.
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Von hier führte uns kein Weg über die alte, verwitterte Straße, deren Beton längst von Sonne und Wind zerfressen ist. Stattdessen nahmen wir den direkten Aufstieg zum Morro de Los Canarios. Schon bald stießen wir auf die geheimnisvollen Überreste einer Wasserversorgung – verrostete Rohre, vergessene Schächte, stumme Relikte einer nie vollendeten Vision aus den 90er-Jahren, als man tiefer im Tal Hotels errichten wollte. Die Natur hat die Pläne verschluckt, doch die Spuren blieben.
Wir wanderten weiter, die Luft klar, der Wind freundlich, und erreichten die Degollada del Salmo, dann den Frontón del Salmo. Mehr als einmal hielten wir inne, um den Blick schweifen zu lassen: Im Norden erhob sich die Lomo Negra, dunkel und geheimnisvoll, während die Urbanización Pescenescal wie ein weißes Schachbrett in der Landschaft lag. Die Lagune der Playa Barca glitzerte wie flüssiges Silber, und die FV-2 schlängelte sich wie ein träger Wurm durch das endlose El Jable. Drehten wir uns um, sahen wir im Süden die kleine Siedlung und die Tankstelle, die nun winzig wie ein Spielzeug wirkten.
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Der Anstieg führte uns schließlich zur Divisoria del Cuchillete. Hier hielten wir unwillkürlich den Atem an: Vor uns saßen gut 100 Raben, schwarz wie flüssige Schatten, und empfingen uns mit einem ohrenbetäubenden Konzert aus Flügelschlagen und heiserem Krächzen. Das Schauspiel war so bizarr wie faszinierend. Die Vögel räumten uns nur eine schmale Passage frei, hüpften links und rechts, als wollten sie uns mustern. Wir gingen hindurch – und fühlten uns unweigerlich an eine Filmszene von Hitchcock erinnert.
Links unter uns öffnete sich immer wieder der Blick in den Barranco de Los Canarios, dessen Tiefe von der Sonne nur zaghaft erhellt wurde. Die alte Straße dort unten war wie eine Narbe, die die Zeit nicht heilt.

Hinter der Majano Alto und der Cabeza del Valluelo begleitete uns noch ein kleines Geschwader Raben, bis sie uns schließlich in Stille entließen. Die Morro de La Burra auf 529 Metern war unser nächster Halt, doch ein tief hängendes Wolkenband senkte sich wie ein seidiger Vorhang auf unseren Weg. Die Feuchtigkeit legte sich kühl auf Haut und Kleidung, während wir in eine beinahe mystische Stimmung eintauchten.
Dann begann der heikelste Teil: der Abstieg über einen schmalen, luftigen Grat zur Degollada de Los Canarios. Nach den ersten Metern beschlich uns der Zweifel, ob dieser Weg wirklich sicher war. Unsere Wander-App zeigte, dass andere ihn gegangen waren – also wagten wir es.
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Mit höchster Konzentration, Händen an Fels und Herz im Rhythmus des Atems, stiegen wir hinab und wieder ein Stück hinauf zum Pico del Viento. Von hier führte eine alte Piste zu einer Plattform, wo die verfallene Straße endet und sich der Blick weit öffnet: zur wilden Westküste, zum winzigen El Islote, das wie ein Smaragd im Wasser liegt.
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Während wir mit höchster Aufmerksamkeit über den schmalen Grat nach unten stiegen fiel uns dann noch diese Schönheit ins Auge! Mitten im Fels wuchs diese kleine Wunder der Natur. Das musste im Bild festgehalten werden.
Nach einer kurzen Rast nahmen wir die alte Straße hinab, die den Barranco wie ein treuer Begleiter begleitet. Kurz vor der Tankstelle entdeckten wir ein verlassenes Gebäude, flankiert von vertrockneten Aloe-Vera-Pflanzen, akkurat in Reihen gepflanzt – ein stummes Zeugnis einer Farm, die nie eine Zukunft hatte.
Die letzten Meter auf der alten Küstenstraße führten uns zurück zur kleinen Siedlung, wo unser Walkers Mobil geduldig wartete. Wir blickten zurück – auf eine Landschaft, die so wild, so einsam und so schön war, dass sie uns noch lange begleiten würde.
Hinweis: Diese Route führt nicht über markierte Wanderwege. Festes Schuhwerk, Sonnenschutz, ausreichend Wasser und Proviant sind unerlässlich. Für den Abstieg zur Degollada de Los Canarios ist Erfahrung im Gelände und Trittsicherheit gefragt. Wer ihn meiden möchte, kann bis zur Morro de La Burra gehen und denselben Weg zurücknehmen.
Bis zum nächsten Abenteuer –
Eure Costa Calma Walkers

























































